Mittwoch, 17. Dezember 2008

Kleine und grosse Schneeballsysteme

Mit dem Fall Madoff ist das wohl grösste von einem Einzelnen organisierte Schneeballsystem zusammengebrochen und alle sind ganz erschrocken, haben von nichts gewusst und sicher nichts damit zu tun. Auch die Subprimekrise ist der Zusammenbruch von einer Art Schneeballsystem, bei dem der Immobilienmarkt damit hochgetrieben wurde, dass z.B. Häuser auf Kredit gekauft werden konnten und der Preisanatieg des Hauses die Zinsen bezahlt hat (z.B. ARMs, Adjustable Rate Mortgages). Nun scheint ein gewisser Hang zu Schneeballsystemen zur menschlichen Natur zu gehören, doch normalerweise brechen diese zusammen weil sich keine Dummen mehr finden, bevor gesamtwirtschaftlicher Schaden entsteht.
Das dies in letzter Zeit nicht mehr zwingend der Fall war, zeigt meiner Meinung nach, dass der Kapitalismus tatsächlich in einer Krise steckt. Das Problem ist nicht die Marx'sche Trennung von Kapital und Arbeit, sondern die immer weiter fortschreitende Trennung von Kapital und Verantwortung. Das Kapital ist nicht mehr wie zu Marx' Zeiten in den Händen von einigen wenigen Carnegies und Rockefellers konzentriert, sondern kommt im wesentlichen aus unser aller Altersvorsorge und unseren Versicherungen. Pensionskassen und Versicherungen investieren in Fonds, die wiederum in andere Fonds investieren, die wiederum z.B. bei Herrn Madoff investieren oder auch so schöne Dinge wie CDO (Collateralized Debt Obligations) kaufen. CDOs wiederum beruhen auf Hypotheken, aber nicht direkt - der Amerikanische Hauskäufer geht z.B. zu seinem Hypothekenvermittler um eine Hypothek zu kriegen. Dieser arbeitet (auf Kommisionsbasis), für seine lokale Bank, die ihm die Hypothek quais im Moment der Unterschrift abnimmt. Die lokale Bank wiederum verkauft die Hypothek noch bevor die erste Rate fällig wird an z.B. Wells Fargo weiter. Wells Fargo kümmert sich ums Eintreiben derr Raten, verkauft die Hypothek aber nach einigen Monaten z.B. an Lehman Brothers weiter, erhält aber bis zum Ende der Laufzeit Gebühren fürs Eintreiben der Raten. Lehman wiederum wirft die Hypothek mit vielen anderen in einen grossen Topf, und spaltet diesen Topf dann virtuell wieder in bessere und schlechtere Tranchen auf und verkauft diese dann weiter an Fonds, die gehen dann an grosse Investoren wie Pensionskassen oder Versicherungen.
Das Problem ist nicht nur ich, der ich Kapital stelle (im Falle der 2. Säule stellen muss) und die Entscheidung darüber, ob eine Hypothek vergeben wird, durch viele, viele Stufen getrennt sind, sondern, dass auf jeder Stufe falsche Anreize da sind. Wenn der Häusermarkt zusammenbricht, ist am Schluss in erster Linie mein Geld weg - alle dazwischen haben ihre Gebühren aber schon erhalten. Und je mehr gebastelt wird, desto mehr Gebühren gibts... Dass es in dieser langen Kette auch zwischen raus einige überstellt hat, liegt auch an der Tatsache, dass wir auch von einer Pensionskasse mehr Rendite erwarten, als vernünftig ist, und drum fast auf allen Zwischenstufen ein Hebel eingesetzt wird, wo das primäre Kapital als Sicherheit für günstige Kredite (hier kommt das schlecht verzinste, aber kurzfristig verfügbare Geld von meinem Girokonto ins Spiel) verwendet wird, und somit das X-fache des ursprünglichen Kapitals eingestzt werden kann, was das Schneeballsystem zusätzlich antreibt.
Diese Exzesse sind fürs erste vorbei, leider auch mit schlimmen Auswirkungen auf den ganzen Rest der Wirtschaft. Da es im Moment sehr Populär ist, schwarz zu malen (was auch sehr schlecht ist für die Wirtschaft), möchte ich kurz die Frage aufwerfen, ob denn nicht die Weltwirtschaft als ganzes eine Art Schneeballsystem ist? Da die Weltwirtschaft offensichtlich nur mit einem realen Wirtschaftswachstum funktioniert, muss die Antwort langfristig ein ja sein.
Jedes Jahr ein bisschen Wachstum summiert sich über die Zeit zu grossen Faktoren - nicht umsonst meinte Einstein “The most powerful force in the universe is compound interest”.
Mit 3% jährlichem Wachstum erreichen wir (hypothetisch) z.B. etwa im Jahre 2200 den Punkt, wo wir mehr Energie verbrauchen, als die Erde von der Sonne erhält. Vieles anderes wird schon deutlich früher ausgehen. Wohl noch vor Öl und Eisen werden uns billige Arbeitskräfte ausgehen - im Schneeballsystem Weltwirtschaft diejenigen, welche jetzt "einzahlen", um die vorgegaukelte Rendite für die entwickelten Nationen zu finanzieren. Im Moment funktioniert das System (trotz der Momentanen Krise) auch noch so gut, dass die "einzahlenden" Chinesen auch davon profitieren. Aber gerade in der kommenden Zeit mit weniger Wachstum sollten wir uns klar darüber werden, dass wir uns mittelfristig (ich denke wohl so um 40-50 Jahre wenns dumm geht sinds 20) auf ein permanentes Nullwachstum einstellen müssen. Helfen dürfte dabei, dass bis dann auch die Weltbevölkerung nicht mehr stark zunimmt, aber es wird nicht einfach werde., Man sollte so langsam darüber nachdenken, wie so etwas funktionieren könnte (z.B. werd ich dann ja wohl Pensionskassenleistungen beziehen) - Lösung hab ich keine, aber ein Bauchgefühl, dass Kapital und Verantwortung wieder näher beeinander liegen sollten.

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