Donnerstag, 30. April 2009

Sonntagnachmittag

Letzten Sonntag bot sich endlich mal wieder die Gelegenheit für einen längeren Spaziergang durch Beijings Innenstadt. Bei wunderbarem Wetter gings mit vielen Umwegen vom Lama-Tempel bis zum Emperor-Hotel, dabei hab ich beim Schneider auch noch zwei Hemden bestellt und das eine oder andere Photo geschossen (der ganze Spaziergang hier).

Hutong Bike (by niklausberger)

Watching (by niklausberger)

Dongcheng Afternoon (by niklausberger)

Wedding Pictures (by niklausberger)

Beijing Sunset (by niklausberger)

Morgen gehts für die Maifeiertage nach Xiamen in Fujian und zu den Tulou-Wohnfestungen der Hakka in Yongding. Drum ist auf dem Blog fürs erste Ruhe, ich hoffe aber, nächste Woche wieder einen Haufen Bilder zeigen zu können.

Sonntag, 26. April 2009

Kein Brot?

Ich liebe ja die Chinesische Küche in fast allen ihren Spielarten heiss, aber es gibt dann doch das eine oder andere, was manchmal fehlt. Weit oben auf der Liste ist anständiges Brot. Die Chinesen essen Mantou, das ist gedämpftes Brot und erinnert in Konsistenz und Geschmack an feuchtes Weissbrot ohne Rinde und zu wenig Hefe und Salz.
Zwei Erlebnisse in den letzten Tagen haben mir aber aufgezeigt, dass das wohl nicht einfach schlecht ist, sondern dass Brot irgendwie Teil der Sozialisation/frühkindlichen Prägung/kulturellen Identität ist und man da irgendwie drin steckt. (Falls es unter den Lesern welche gibt, die in ihrer Kindheit mehrere Brotkulturen erlebt haben würde ich mich auf einen Hinweis freuen, welche am Schluss hängengeblieben ist).
Also auf jeden Fall nehmen die Chinesen ihr Mantou sehr ernst, und obwohl sich das für mich alles etwas zu gummig anfühlt, gibt es auch hier Leute, die lieber die Aussenhülle (das Wort Rinde mag ich in diesem Zusammenhang nicht verwenden) als das Innere haben und umgekehrt.
Nun gibt es in Beijing ja ziemlich viele Expats unterschiedlichster Herkunft und man kann auch richtig gebackenes Brot kaufen (wenn auch vor allem am anderen Ende der Stadt). Weil ich nun schon mal an besagtem anderen Ende der Stadt war, hab ich mir da auch ein Baguette gekauft. Dabei war ich in Begleitung einer australischen Bekannten, die meinte, mein Baguette sei viel zu hart und sich ein in Plastik eingeschweisstes etwas kaufte, das in der Konsistenz an Mantou errinerte (etwas weniger elastisch). Nun, Baguette sollte nicht trocken sein, aber knusprig genug, dass wenn man es an einem Ende hält nichts abknickt. Eher als Witz sagte ich dann, stattdessen könnte sie ja auch ungetoastetes Toastbrot essen - worauf sie zu meinem grossen Schrecken sagte, dass sie das regelmässig machen würde.
Nun stellt sich natürlich die alte Frage, ob wir hier kulturimperialistisch eine überlegene Brotkultur postulieren wollen oder in tolerantem Relativismus darauf hinweisen wollen, dass China mangels Deutscher Eiche nie eine anständige Holzofenkruste hervorbringen konnte und das auch gut so ist. Ausnahmsweise tendiere ich ja zu ersterem: Zhou Enlai und Deng Xiaoping waren ja beide in den 20er Jahren als Werkstudenten in Frankreich - und beide haben bis zu ihrem Lebensende eine heimliche Liebesbeziehung zu den ach so bourgeoisen Croissants gepflegt. Es gibt eine schöne Geschichte, nach der Deng Xiaoping nach seinem Amerikabesuch 1974 in Paris einen Zwischenhalt einlegte, und 100 Croissants nach China entführte, um sie mit den überlebenden Werkstudentenkollegen zu teilen - und das während der Kulturrevolution. Gutes Gebäck überwindet eben Grenzen (wenn auch nicht den Ärmelkanal).

Mittwoch, 22. April 2009

Enten

Während man in Beijing angehörigen der Familie Anatidae vor allem in gebratener Form begegnet (zuletzt heute Abend), gibts am heimischen Thunersee diverse Enten auch in lebendiger Form zu beobachten (und zu photographieren). Damit hätte ich den Chinabezug zu den Bildern, die ganz nett rausgekommen sind, hingewürgt. Diashow hier.

Mallard (by niklausberger)

Goosander (by niklausberger)

Mute Swan (by niklausberger)

Reeds (by niklausberger)

Montag, 20. April 2009

Währenddessen anderswo

Es war ja ein wenig Still in den letzten Tagen auf diesem Blog (was sich dann auch gleich auf die Besucherzahlen niederschlägt - mehr Leser als ich naiv vermutet hätte nützen RSS), drum versuch ich ein bisschen aufzuholen. Allerdings mehr Rückblick im Eiltempo mit Verweisen auf Photos als Epos; ein paar Details vielleicht in den folgenden Posts.
Also, beginnen wir kurz nach Manzhouli, als ich nach Prag flog, um mein Projekt an der "Computing in High Energy Physics 2009" - Konferenz vorstellen durfte (mein Poster kann man sich hier anschauen). Prag ist eine wunderschöne Stadt (die ich zu meiner Schande vorher gar nicht kannte).

Prague (by niklausberger)

Prague (by niklausberger)

Gerade bei dem etwas wechselhaften Wetter, das während meines Besuches herrschte, glaubt man gerne, dass die Stadt Kafka inspiriert hat und es hie und da etwas spukt. Eine Diashow meiner Photos gibts hier. Das ich mich nicht gefürchtet habe, ist der Gastfreundschaft von Barbara und Peter John vom Hotel Leonardo zu verdanken, mit denen ich auch einige sehr interessante Gespräche sowohl über aufstrebende Nationen in der Wirtschaftskrise und das Lernen einer sehr fremden Sprache führen durfte.

Nach Prag gings ins Engadin, wo ich bei viel Schnee meine jährliche Woche Sport erfolgreich hinter mich brachte. Meine Eltern und ein paar ihrer Kollegen, alles pensionierte Hoteliers aus Skiorten hielten bei meinem Skitempo gut mit - ob das für ihre oder gegen meine Kondition spricht, will ich hier mal offen lassen. Bei einem Tag mit Schneefall waren wir in den Grotten im Morteratschgletscher (mehr schönes Eis hier).

Morteratsch Glacier Cave

Das Engadin ist eine wunderbare Landschaft, auch wenn man - im Gegensatz zum Berner Oberland - immer wieder fragen muss, welcher Berg jetzt welcher ist. Mehr zufällig sind wir dann noch über den kleinen Friedhof von Pontresina spaziert, wo ich beschlossen habe, dass auf Friedhöfen immer mindestens ein Meter Schnee liegen sollte.

Pontresina (by niklausberger)

Pontresina Graveyard (by niklausberger)

Pontresina Graveyard (by niklausberger)

Mehr Bilder von Pontresina gibts hier. Und dann war ich natürlich auch noch zwei Tage im Berner Oberland und hab mal wieder Wasservögel photographiert - die Bilder muss ich aber erst mal noch sortieren. Bis dann...

Dienstag, 14. April 2009

Manzhouli - Der Reise dritter Tag/zweiter und letzter Teil

Dies ist der letzte Teil der Manzhouli-Berichterstattung, mit der ich kurz nach meiner Rückkehr hier begonnen hatte. Wir waren ein bisschen am Stadtsee herumspaziert und hatten die Architektur bewundert; es war fast schon Zeit für ein Mittagessen als letzte Stärkung vor dem Rückflug. Bevor wir uns auf die Jiaozi stürtzten, wollten wir aber noch herausfinden, was es mit dem orthodox anmutenden Kirchturm ohne Kirche in der Ferne (und den Tieren im Mittelgrund) auf sich hatte.

Manzhouli Architecture (by niklausberger)

Unser Fahrer fuhr uns zu einem Gelände, auf dem sich ein "Gästehaus der Lokalregierung" befindet. Umgeben ist das Gelände von einer Kopie der Kremlmauer - auf jeden Fall ein schönes politisches Symbol.

Manzhouli Kremlin Wall (by niklausberger)

Der Eingang setzte mit eher spielerischen Elementen einen Kontrast dazu.

Entrance to Manzhouli Reichstag (by niklausberger)

Entrance to Manzhouli Reichstag (by niklausberger)

Dahinter erhob sich in rot-weiss, umgeben von allerhand Statuen und Säulen das angekündigte Gästehaus.

Manzhouli Local Government Complex (by niklausberger)

Manzhouli Architecture (by niklausberger)

Not so Greek (by niklausberger)

Alles mehr oder weniger klassizistisch und immer mit den Prportionen etwas daneben (nie eine dicke Säule auf eine dünne Säule stellen - statisch mag das gehen, aber es sieht doof aus). Der Blick schweift nach links zum "Kirchturm", dessen Zweck sich mir bis heute nicht erschliesst (Aussichtsturm?) und bleibt unterwegs an einer Statuengruppe, aber auch an einem Bau im Hintergrund hängen...

Manzhouli Local Government Complex (by niklausberger)

Manzhouli Local Government Complex (by niklausberger)

Ist das links nicht der Dingsda, in Berlin? Kann nicht sein, zwischen Manzhouli und dem Reichstag liegt doch noch Unter den Linden (von Russland, der Ukraine und einigen weiteren Staaten ganz zu schweigen). Doch genaueres hinsehen bestätigt den Eindruck - da, am Rand der Steppe steht (im Rohbau) der Reichstag - samt Lord Fosters Kuppel.

Manzhouli Reichstag (by niklausberger)

Manzhouli Reichstag (by niklausberger)

Manzhouli Reichstag (by niklausberger)

Offensichtlich fehlen noch ein paar Details (ob da auch "Dem Deutschen Volke" draufstehen wird - in einem Land, dem der Genitiv so unendlich fern liegt?), aber die Ähnlichkeit ist nicht zu verleugnen (gibts ein Copyright auf Architektur?) und die Grösse sehr nahe am Original. Die schiere Frechheit, so was in die Steppe zu stellen - den Rest der Zeit in Manzhouli haben wir nur noch hysterisch gelacht und versucht, etwas "noch besseres" zu finden. Einiges kommt ziemlich nahe heran (siehe weiter unten), aber am Schluss mussten wir doch alle eingestehen, dass der Reichstag der Höhe- und Tiefpunkt Manzhoulis zugleich darstellt. Alles was jetzt kommt, ist nur noch Zugemüse; zum Beispiel die Säulenalle vor dem Reichstag

IMG_0116b (by niklausberger)

oder dieses pseudoklassizistische Etwas in der Steppe (dahinter bis Moskau nur noch Gras und Birken)

House in the Steppe (by niklausberger)

Oder natürlich die "Fauna" - weidende Zebras, Schnecken und Bambi vor dem Reichstag.

Manzhouli Zebra (by niklausberger)

Manzhouli Snail (by niklausberger)

Bambi and the Reichtag in Manzhouli (by niklausberger)

Und dann wars auch schon Zeit für Jiaozi, packen und abfliegen (wobei wir uns den Flughafen etwas genauer anschauen konnten - begrüsst wird man da von Beton-Jurten...

Manzhouli Airport (by niklausberger)

... bevor man beim internationalen Terminal (noch nicht in Betrieb) ankommt

Manzhouli Airport (by niklausberger)

Manzhouli Airport (by niklausberger)

Monumentalarchitektur vom Feinsten. Und auch die Innengestaltung (Bilder vom Inlandterminal, das internationale ist noch schöner und grösser aber fast nicht zu photographieren)

Manzhouli Airport (by niklausberger)

Manzhouli Airport (by niklausberger)

Der Leuchter sieht nicht nur aus wie Plastik, er ist auch aus Plastik - dafür gibts viel Lametta und gemalte Engelchen. Ein würdiger Abschied von Manzhouli.
Wir treten aufs Flugfeld, hinter uns Manzhouli, vor uns die eine Maschiene nach Beijing, blauer Himmel und die weite Steppe, sonst nichts. Wir besteigen den Flieger, nehmen die Plätze ein und bald folgt die erste Durchsage "Welcome on Board, please check the destination on your boarding card carefully to ensure that you are on the correct flight". Danke, Manzhouli.

Manzhouli Airport (by niklausberger)

Montag, 13. April 2009

Manzhouli - Der Reise dritter Tag/erster Teil

Wenden wir uns nun also dem dritten Tag unserer Reise nach Manzhouli zu, in der Hoffnung, dass diese Epos bald ein glückliches Ende nimmt und sich Autor und Leser neuen Zielen zuwenden können. Wer unglaublicherweise den Anfang der Geschichte noch nicht kennt, der beginne hier. Nach einem herzhaften Frühstück im selben Lokal wie am Samstag (wieder etwa 3 Fr. für alle neun zusammen), machten wir uns auf den Weg in Manzhoulis "Altstadt" - einer Gegend, wo es noch über hundert Jahre alte Häuser aus Russischer Zeit gibt. Auf dem Weg dahin mussten wir erst mal die Gleise überqueren, wobei man unter anderem feststellen kann, dass China und Russland unterschiedliche Spurweiten haben und dass es in China kaum noch Wälder gibt, Holz drum in Manzhouli umgeladen werden muss.

Russian wood for China (by niklausberger)

Im Viertel mit den Russischen Häusern kommt nicht wirklich Altstadtstimmung auf - offensichtlich wurde seit die Russen abgezogen sind, nicht mehr viel renoviert (wieso auch, wo es so viel schönes neues gibt - sei es ein Auto oder ein Wohnblock...)

Spent it all for the car (by niklausberger)

Russian-built house (by niklausberger)

Block house (by niklausberger)

Das Traurige ist natürlich, dass nach wie vor viele Leute in diesen Baracken leben, unter sehr einfachen Bedingungen - während wir da waren, wurden gerade die öffentlichen Klos geleert, ein ganzer Winter an gefrorenen Exkrementen ausgeschaufelt und verladen; dank der tiefen Temperaturen relativ geruchlos. Wie man im letzten Bild schon erkennen kann, beginnt gleich hinter den Blockhütten wieder der Hochschwangerschaftsbarock, in diesm Fall die Bahnstation.

Manzhouli Train Station (by niklausberger)

Manzhouli Train Station (by niklausberger)

Da gibts dann auch den "Room for distinguished guests" - Gepäck muss aber draussen bleiben...

Room for Distinguished Guests (by niklausberger)

Gleich über die Strasse ist der Arbeiterclub für die Bahnangestellten, ein typisches Gebäude der Kulturrevolution, wo unterdessen kleine Jungs Billard üben.

Railway workers club (by niklausberger)

Das Strassenschild am Eisenbahnerclub ist dreisprachig. Die Schrift rechts is Mongolisch, wird von oben nach unten und von rechts nach links geschrieben, sieht toll aus und ist anscheinend fürchterlich unpraktisch. In der Mongolei wird auf jeden Fall unterdessen Kyrillisch geschrieben - die alte Schrift hat sich nur in der Chinesischen inneren Mongolei erhalten.

Manzhouli Street Sign (by niklausberger)

Dahinter vermuteten wir in einem besser erhaltenen Russischen Gebäude das Museum - leider ist es im Moment nicht zu besichtigen, da es gerade in die Heiratskathedrale gezügelt wird. Als nächstes spazierten wir um den Stadtsee herum, wobei es wieder einiges an Gelegenheit gab, Manzhoulis Architektur zu bewundern...

Manzhouli Lake (by niklausberger)

Manzhouli University (by niklausberger)

Manzhouli Architecture (by niklausberger)

Manzhouli Architecture (by niklausberger)

Manzhouli Architecture (by niklausberger)

Manzhouli Architecture (by niklausberger)

Doch das Beste (zumindest architekturweise) erwartete uns noch - mehr dazu im nächsten (und wohl letzten) Manzhouli-Post...