Sonntag, 26. April 2009

Kein Brot?

Ich liebe ja die Chinesische Küche in fast allen ihren Spielarten heiss, aber es gibt dann doch das eine oder andere, was manchmal fehlt. Weit oben auf der Liste ist anständiges Brot. Die Chinesen essen Mantou, das ist gedämpftes Brot und erinnert in Konsistenz und Geschmack an feuchtes Weissbrot ohne Rinde und zu wenig Hefe und Salz.
Zwei Erlebnisse in den letzten Tagen haben mir aber aufgezeigt, dass das wohl nicht einfach schlecht ist, sondern dass Brot irgendwie Teil der Sozialisation/frühkindlichen Prägung/kulturellen Identität ist und man da irgendwie drin steckt. (Falls es unter den Lesern welche gibt, die in ihrer Kindheit mehrere Brotkulturen erlebt haben würde ich mich auf einen Hinweis freuen, welche am Schluss hängengeblieben ist).
Also auf jeden Fall nehmen die Chinesen ihr Mantou sehr ernst, und obwohl sich das für mich alles etwas zu gummig anfühlt, gibt es auch hier Leute, die lieber die Aussenhülle (das Wort Rinde mag ich in diesem Zusammenhang nicht verwenden) als das Innere haben und umgekehrt.
Nun gibt es in Beijing ja ziemlich viele Expats unterschiedlichster Herkunft und man kann auch richtig gebackenes Brot kaufen (wenn auch vor allem am anderen Ende der Stadt). Weil ich nun schon mal an besagtem anderen Ende der Stadt war, hab ich mir da auch ein Baguette gekauft. Dabei war ich in Begleitung einer australischen Bekannten, die meinte, mein Baguette sei viel zu hart und sich ein in Plastik eingeschweisstes etwas kaufte, das in der Konsistenz an Mantou errinerte (etwas weniger elastisch). Nun, Baguette sollte nicht trocken sein, aber knusprig genug, dass wenn man es an einem Ende hält nichts abknickt. Eher als Witz sagte ich dann, stattdessen könnte sie ja auch ungetoastetes Toastbrot essen - worauf sie zu meinem grossen Schrecken sagte, dass sie das regelmässig machen würde.
Nun stellt sich natürlich die alte Frage, ob wir hier kulturimperialistisch eine überlegene Brotkultur postulieren wollen oder in tolerantem Relativismus darauf hinweisen wollen, dass China mangels Deutscher Eiche nie eine anständige Holzofenkruste hervorbringen konnte und das auch gut so ist. Ausnahmsweise tendiere ich ja zu ersterem: Zhou Enlai und Deng Xiaoping waren ja beide in den 20er Jahren als Werkstudenten in Frankreich - und beide haben bis zu ihrem Lebensende eine heimliche Liebesbeziehung zu den ach so bourgeoisen Croissants gepflegt. Es gibt eine schöne Geschichte, nach der Deng Xiaoping nach seinem Amerikabesuch 1974 in Paris einen Zwischenhalt einlegte, und 100 Croissants nach China entführte, um sie mit den überlebenden Werkstudentenkollegen zu teilen - und das während der Kulturrevolution. Gutes Gebäck überwindet eben Grenzen (wenn auch nicht den Ärmelkanal).

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen