Donnerstag, 15. Januar 2009

Müssen wir alle Ängste ernst nehmen?

Ich lese gerade "Schöner Denken" - ein ziemlich gescheites Buch darüber, wie man mit Sprache Politik machen kann und wieviel Blödsinn sich hinter Floskeln versteckt. Einer meiner Favoriten ist "man muss die Ängste von ... ernstnehmen". Muss man das wirklich? Muss man das auch noch, wenn die Ängste völlig irrational sind, so etwa die vor dem LHC? Oder so diffus, dass man nicht mehr weiss, wovor sich die Leute eigentlich fürchten (Atome, Gene, Chemie...). Muss man nicht. Und es ist an der Zeit, dass die, die es besser wissen (wissen im eigentlichen Sinne), auch laut sagen, wenn etwas Humbug ist. Gegnüber Halb- und Unwahrheiten und ideologischer Verbrämtheit darf man nicht tolerant und sensibel sein.
Konkretes Beispiel, heute bei Spiegel Online gesehen: Das Alfred Wegener Institut will im Südatlantik einen Versuch zur Düngung des Meeres mit Eisensulfat durchführen. Die Idee ist, dass diese Düngung zu einem Algenwachstum führt, die Algen haben alle ein kleines Skelett, in dem sie CO2 binden und sinken nach ihrem Tod auf den Meeresgrund. In sehr grossem Umfang durchgeführt wäre dies eine Möglichkeit der Atmosphäre CO2 zu entziehen und dies für 100 von Millionen Jahren im Sediment zu binden. Wie jede grosse Aktion (ich versuche hier bewusst "Eingriff des Menschen in die Natur" nicht zu verwenden) hat so was sicher auch Nebenwirkungen und man weiss auch nicht so genau, wie gut es überhaupt funktioniert. Drum will man ja das Experiment durchführen - bewusst auch in einer Gegend, wo biologisch nicht viel los ist und vor allem wegen eines Wirbels fast kein Wasseraustausch mit der Umgebung stattfindet.
Der Versuch ist nun gestoppt worden, weil die "Aktionskonferenz Nordsee" Einsprache erhebt, und ihre Bedenken nicht etwa wissenschaftlich begründet (da gäbe es vielleicht sogar was), sonder man ist dagegen, weil: "Hintergrund ist das wirtschaftliche Interesse, eine billige Lösung des weltweiten CO²-Problems zu finden." Ein wirtschaftliches Interesse ist alleine schon verwerflich. Düngung der Meere ist sicher kein Allheilmittel, aber man muss das Klima nicht notwendigerweise auf die teuerste Art retten. Ich bin ein grosser Befürworter von Co2 Reduktionen wo immer es geht, aber manchmal gehts halt nicht (und ihr findet es doch alle ganz nett, wenn ich gelegentlich in Europa vorbeischaue) und das Co2, das schon in der Atmosphäre ist, geht mit Selbstkasteiung und Windrädern auch nicht weg - da wird man sich wohl was einfallen lassen müssen. Und das wird Chemie beinhalten, Grosstechnik, vielleicht sogar Nuklearenergie.
Gerade die Klimadebatte zeigt, wie ideologische Verstocktheit auf beiden Seiten zu kompletter Realitätsverweigerung führt. Auf der einen Seite die "Skeptiker", die eine antropogene Erderwärmung trotz überwältigender Faktenlast in Abrede stellen - ihnen muss man wenigstens zugestehen, dass sie konsequent sind und weiterhin Öl verbrennen, als ob es kein Morgen gäbe. Auf der anderen Seite die Umweltaktivisten, die glauben mit Windrädern und Solarzellen sowie gelegentlichem Castor-Transport-Aufhalten liesse sich das Klima retten, was genau so realitätsfern ist. Und noch schlimmer: Öl verbrennen als ob es kein Morgen gäbe tun sie auch noch (Ökostrom auf der EWZ-Rechnung machts noch nicht aus...).
Gerade wenn die Probleme gross erscheinen, muss man ihnen in die Augen schauen und die objektiv besten Lösungen suchen (selten sind das die, die der eigenen Klientele die meisten Subventionen bringen) - manchmal auch wenns einem gegen den Strich geht.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen