Montag, 10. November 2008

Grosses Kino

Kurz vor und kurz nach meiner Europareise hatte ich meine ersten Kinoerfahrungen hier in China, wobei beide wohl nicht so besonders Chinatypisch waren, weshalb das hier wohl auch gleich in eine Filmkritik abgleiten wird. Nun, der erste Film war ein chinesischer (mit Englischen Untertiteln) namens "Night Train" (夜车) und wurde im Yu gong Yishan (einem Konzertlokal) so als halb private Vorführung gezeigt (der Film ist für chinesische Kinos nicht zugelassen). Der zweite Film war dann Englisch mit Chinesischen Untertiteln und wurde im grossen Saal von Megabox, dem neuen Multiplex im Sanlitun Village gezeigt. (Und ja, es war der neue Bond).
Nun zu Night Train; wie Jonas so treffend bemerkte: "Chinesische Filme sind entweder Kung-Fu-Filme oder depressiv". Night Train enthält kein Kung Fu. Die Geschichte handelt von einer einsamen Gerichtsangestellten (die gelegentlich auch Hinrichtungen vornehmen muss) und einem einsamen Stahlarbeiter (dessen Frau hingerichtet wurde), die über eine Partnervermittlung zueinander finden; im Lauf des Filmes finden beide heraus, dass sich ihre Geschichten auch in der Hinrichtung schon gekreuzt haben. Also kein leichter Stoff, dem belastenden Thema Todesstrafe aber durchaus angemessen. Handwerklich ist der Film hervorragend gemacht; die Schwerindustriestadt im Chinesischen Hinterland bietet einen depressiven Hintergrund für eine traurige Geschichte. Lange Sequenzen bleierner Stille wechseln ab mit wenigen Gefühlsausbrüchen, alles hervorragend gespielt. Manchmal wird allerdings auch etwas dick aufgetragen, werden etwas gar viele Symbole ins Bild geschoben (zum Beispiel in der Szene mit dem Pferd kurz vor Schluss). Anschliessend an den Film gabs ein Interview mit der Hauptdarstellerin (leider ohne Untertitel...), die sich überraschenderweise als Befürworterin der Todesstrafe outete.
Der neue Bond hat inhaltlich nicht viel mit Night Train gemein - entgegen anderslautenden Behauptungen wird das erschiessen von Leuten nicht gross reflektiert. Die übliche hanebüchene Bondstory geht in der Action komplett unter, was kein Verlust ist. Vermisst hingegen habe ich die faulen Sprüche, Q und die obligate Schlussszene. Wer daran genau Schuld ist, ist schwer zu beurteilen und auch nicht so wichtig. Was mich trotz allem für den Film einnimmt ist die Ästhetik sowohl der Actionszenen als auch der restlichen Sequenzen. Hier blitzt die Meisterschaft Marc Forster's auf. Und hier liegt auch die Gemeinsamkeit mit Night Train: Keine Einstellung ist zufällig, was das Filmhandwerk angeht, sind Perfektionisten am Werk. Ich kann drum beide Filme empfehlen (als ob das jemanden interessieren würde...) - nur schon als Folge von schönen Einzelbildern; bei Night Train lohnt sichs auch inhaltlich.

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