Sonntag, 27. Juli 2008

Olympia steht vor der Tür

Die ganze Reiseberichterstattung muss noch ein bisschen warten; ich bin noch weit davon entfernt, alle meine Photos aussortiert zu haben. Deshalb erst mal ein paar Updates zum Zustand Beijings zwei Wochen vor dem ominösen 8.8.:

  • Baumässig ist es in etwa gekommen wie erwartet; der CCTV Tower hat eine Fassade, innen kann aber noch nicht viel fertig sein. Die grossen Löcher sind grosse Löcher geblieben, aber wirklich alle Bauzäune in der Stadt sind jetzt olympisch gefärbt und geschmückt. In den nächsten zwei Wochen sollen allerdings noch einige Hotels aufgehen (könnte etwas stressig werden, aber es hat ja bei den offenen noch Platz). Bisher nicht fertig ist meine Strasse, die Yu Quan Lu - keine Ahnung, ob das noch was wird (das Klo am Ende des Hofes steht noch...).
  • Die Luft ist zur Zeit nicht wirklich super, kann aber auch an einer ungünstigen Wetterlage liegen. Subjektiv würd ich sagen, dass es etwas weniger staubig ist.
  • Die neuen U-Bahnen und die Flughafenbahn fahren. Sind auch sehr angenehm, da klimatisiert. Allerdings sind die Umsteigewege zu den bisherigen U-Bahnen schon ziemlich lange (errinert etwas an Bank in London).
  • Die Tatsache, dass nur noch entweder gerade oder ungerade Autonummern unterwegs sein dürfen, entlastet die Strassen deutlich - was allerdings durch die gesperrte Olympiaspur auf allen grossen Achsen zum Teil wieder kompensiert wird. Taxis sind auch schwerer zu kriegen.
  • Ich versteh jetzt, wie die astronomische Anzahl von freiwilligen Helfern zustande kommt: Fast alle Guards und sämtliche Nachbarschaftskommitees wurden olympisch eingekleidet und machen jetzt Werbung für das einheimische Yanjing-Bier. Rumstehen (Guards) bzw. rumsitzen (Angehörige der Nachbarschaftskommitees) tun genau die selben wie vorher. Aber sie wurden sicher alle gebrieft und können jetzt auch Englisch ("Hello!" kannte man schon und "Bye bye!" wird wohl ironischerweise zur offiziellen Olympiavokabel.
  • Gebrieft wurden auch die Taxifahrer - aus normalerweise gut unterrichteter Quelle hiess es da, man solle Angehörige gewisser Minderheiten (die auch genannt wurden, die ich jetzt aber hier nicht den Zensursuchmaschienen darbieten möchte) und Leute in langen, wallenden Gewändern nicht befördern. One world - one dream. Aber ist ja alles nur zu unserer Sicherheit.
  • Sicherheit: Zu meiner grossen Erleichterung wird das Gepäckscannen in der U-Bahn nicht ganz so heiss gegessen wie es angerichtet wurde. Wahrscheinlich sind auch hier nur "verdächtige Elemente" das Ziel. Falls sich jemand also die Spiele anschauen will - den Prophetenbart abrasieren, die Rastas schneiden und die Burkha gegen einen Minijupe tauschen bringt ausser modischer Aufwertung auch erleichtertes Taxi- und U-Bahn-fahren.
  • Sicherheit II: Ich bin am Samstag auf dem Weg vom Mittagessen zur Chinesisschule am Arbeiterstadium vorbeispaziert. Hier wird Sicherheit ganz gross geschrieben. Innen am Zaun wurde ein zweiter Zaun aufgebaut, dazwischen patrouillieren Soldaten. An den Eingängen stehen riesige Zelte für die Sicherheitskontrollen, wo auch Autos auseinandergenommen werden können. Checkpoint Charlie vor 89, aber alles in freundlichem rot und orange gehalten.
  • Um die olympischen Touristen vor gefälschten DVDs zu schützen, verkufen die einschlägigen DVD-Shops nur noch chinesische Filme. Aus ebenfalls gut unterrichteter Quelle habe ich vernommen, dass das breite Angebot europäischer Qualitätsfilme und Hollywood-Blockbuster eine Tür weiter hinten nach wie vor auf den Filmfreund wartet.
  • Es gibt hier ein Stück Strasse, an dem es auf 50 Metern drei "Pure Girl" Bars gab. Nach einem erfolgreichen Drogenraid vor ein paar Monaten wurden alle geschlossen. Für olympia gehen wohl zwei wieder auf. Sie heissen jetzt "A little high". Irgendwer kann hier sehr schlecht Englisch oder hat einen sehr englischen Sinn für Humor.
Ich freu mich jetzt wieder deutlich mehr auf Olympia - meine Erwartung, dass hier eine beinahe unerschöpfliche Mine schräger Geschichten auf mich wartet scheint sich zu erfüllen...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen