Dienstag, 29. Januar 2008

Mehr Geld für die Physik

Für alle die, die das noch nicht mitbekomen haben (das dürften nicht allzu viele sein, ich hab mich des öfteren darüber ausgelassen), es kam in letzter Zeit sowohl in Grossbritannien als auch in den USA gröbere Kürzungen in den Budgets der Hochenergiephysik. Nun, wir sind ziemlich abhängig von der Politik und damit müssen wir leben. Das traurige ist, dass in beiden Fällen nicht das Interesse an HEP ausschlaggebend war, sondern Fehlentwicklungen in ganz anderen Bereichen. Die Briten haben sich eine tolle neue Synchrotonlichtquelle gebaut. So weit, so gut. Weil man damit ausnahmsweise mal etwas richtig brauchbares machen kann, bestand die Regierung darauf, dass sich auch private beteiligen. Einige Prozent privates Kapital sind auch tatsächlich geflossen, was aber leider zur Folge hatte, dass auf den gesamten Projektkosten 17.5% Mehrwertsteuer fällig wurden. Damit wurde das Ding nochmals mehr als 10% teurer (neben einigen anderen Kostenüberschreitungen), dieses Geld fehlt jetzt und wurde unter anderem beim International Linear Collider (ILC), unserem nächsten grossen Zukunftsprojekt eingespart). In den USA hatte das weisse Haus ausnahmsewise mal massiv mehr Mittel für die Physiker beantragt (Competitive America Initiative), im Kongress war man da im Prinzip auch nicht dagegen, doch wie immer wurde das Budget erst im allerletzten Moment (ein viertel ins neue Fiskaljahr) durchgepeitscht, allerhand Befindlichkeiten der Demokraten mussten befriedigt werden und plötzlich fehlte massiv Geld. Bush drohte im Fall von grossen Mehrausgaben mit dem Veto und da wurde dann gestrichen, wo das weisse Haus mehr gewollt hatte. Das heisst kein Geld mehr für ILC, keins mehr für Fusionsforschung (das ist wirklich schlimm, denn, da geht es um die Energieversorgung der Zukunft, ein sehr praktisches Problem), keine Bs mehr am SLAC, keine Neutrinos für Nova und am Fermilab zwei Tage unbezahlt pro Monat für die, die nicht auf der Strasse stehen. Alles in allem sehr, sehr traurig. Ich könnte jetzt hier noch ein, zwei Seiten über die Bedeutung der Hochenergiephysik für fast alles sprechen oder mich darüber freuen, dass hier in China eine deutlich längerfristige Perspektive gepflegt wird und man Grundlagenforschung für sehr, sehr wichtig erachtet. Werde ich nicht tun. Stattdessen werde ich einige Argumente aufgreifen, weshalb man die Physiker besser mit Physik beschäftigt als mit Finanzgeschäften. Die Idee komm vom Dynamics of Cats Blog.

Nun, die Idee ist folgende: Der Abbruch des Superconducting Supercollider (SSC) - Projekts in den USA (auch so eine Finanzierungskatastrophe, 1993), das erste Mal, wo es mit den Finanzen der Hochenergiephysik massiv rückwärts ging, hat viele Physiker, die in die Forschung gegangen wären, stattdessen an die Wall Street getrieben/gelockt. Seither hatten mit Dot.Com und Subprime mindestens zwei grosse Blasen, die dann auch geplatzt sind. Das mag auch damit zusammenhängen, dass Forschungsphysiker als Finanzhaie viel Unheil anrichten können. Zumindest sagt mir das so meine Selbsteinschätyung...

  • Physiker experimentieren gern; man probiert was aus und entweder es funktioniert oder halt nicht - zumindest hat man was gelernt (zum Beispiel, dass Leute unter Umständen ihre Hypothek nicht bis ans Ende ihrer Tage bedienen, sondern lieber das Haus der Bank überlassen, wenn sie das Haus über die Strasse billiger kriegen können).
  • Überhaupt, eine Theorie ist eine gute Theorie, solange sie einfach und nicht wiederlegt ist (also lasst uns nochmal ein paar Dot.Com Aktien kaufen, der Kurs ist ja bisher nur nach oben gegangen...).
  • Was wir elegant finden, ist nicht unbedingt was andere einfach finden; die eine oder andere Konstruktion eines Derivativen Instrumentes mag zwar sehr elegant sein, den einen oder anderen Buchhalter aber überfordern.
  • Es gibt Physiker (zumindest mich), die andrerseits Buchhaltung nicht versthen können. Wieso ist der Gewinn eine Passive? Wenn ich Buchungssätye im Sinn von Irgendwas an Abschreibungen habe, lasse ich irgendwie real existierendes Geld in der Buchhaltung verschwinden. Ich hab die Regeln mal gelernt, aber verstehen tu ichs bis heute nicht.

Ich denke also, es gibt Gründe genug, Leuten wie mir Geld zu geben, damit wir Pysik machen können und nicht zu Banken und Versicherungen gehen. Und man sollte auch bedenken, dass die UBS etwa dreimal die Kosten der Universitären Lehre und Forschung in der Schweiz für Boni aufwendet. Oder dass man mit den Steuern, die in der Schweiz wegen der Subprime-Krise nun nicht fällig werden, die ETH finanziern kann.

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