Mittwoch, 19. März 2008

Kommunikationskatastrophe

Die Proteste in Tibet und ihre Niederschlagung bewegen nach wie vor die Medien, inner- wie ausserhalb Chinas. Informationen aus unabhängiger Quelle sind kaum zu bekommen, fast alles geht entweder durch die Hände der Exiltibeter oder der chinesischen Regierung. Und in Sachen Kommunikation haben die Chinesen massiv versagt. Gerade da die chinesische Regierung in der eigentlich konfortablen Situation ist, für die eigene Bevölkerung fast komplett getrennte Kommunikation betreiben zu können, müsste sie alles versuchen, nach aussen dialogbereit und offen zu erscheinen (diese Haltung auch tatsächlich einzunehmen wäre natürlich noch besser). Der Dalai Lama ist nun mal Friedensnobelpreisträger, Bestsellerautor und eine Ikone all dessen, was wir Westler uns von einer Religion eigentlich erhoffen, in zwanzig Jahrhunderten Christentum aber sehr, sehr selten erhielten. Ob der Tibetanische Buddhismus diese Werte tatsächlich in so reiner Form vertritt ist eine andere, hier aber völlig irrelevante Frage - man soll auch nicht versuchen, einem Buchhändler zu erklären Paulo Coelho schreibe schlechte Bücher. Die KP auf der anderen Seite leidet im Westen immer noch unter 1989, und hat unterdessen das zusätzliche Problem, dass der wirtschaftliche Erfolg Chinas manchem (nicht nur zu unrecht) Sorgen macht. In dieser Situation, wo die Meinungen schon sehr vorgefasst sind, sollte man nun eben nicht die Rhetorik eigentlich vergangen geglaubter Tage aus der zu Mottenkiste holen und den Dalai Lama als "feudalistischen Wolf in der Mönchskutte" zu bezeichnen, und ihm vorzuhalten, dass Heinrich Harrer (Sieben Jahre in Tibet) ein Nazi war - zumindest bevor er in Tibet war. Dies aus den englischen Verlautbarungen; die chinesischen will ich gar nicht sehen.
Es ist ja nicht so, dass den Chinesen egal wäre, was der Rest der Welt über sie denkt - die olympischen Spiele sind vor allem ein PR-Anlass (früher hätte man das Wort Propaganda verwendet). Wenn es aber um "innerchinesische" Angelegenheiten geht, so fällt die Führung hier sofort in alte Denkmuster zurück und vergisst, dass Information heutzutage nicht mehr aufhaltbar sonder nur noch manipulierbar ist. Im Nachgang der Proteste Youtube in China zu sperren, errinert an das Kind, dass sich die Augen zuhält, damit der böse Mann weggeht.
Die Partei muss sich daran gewöhnen, dass sie neben dem wirtschaftlichen auch das Informationsmonopol verloren hat. China (und damit auch die KP) hat von ersterem enorm profitiert; der freie Fluss von Informationen war wohl nie ein Ziel der Führung, lässt sich aber nicht mehr stoppen. Die Partei wird sich daran gewöhnen müssen; je schneller sie das einsieht, umso besser. Die Völker am Rande Chinas lassen sich auf Dauer nicht mit Gewalt an China binden (und wohl auch nicht mit wirtschaftlichen Vorteilen allein), sondern nur über Herzen und Köpfe.

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